Finale-BlogKurztipps

Das verflixte Wiedergabetempo von Finale

Finale kennt verschiedene Methoden, das Wiedergabetempo zu steuern. In diesem Beitrag wird erklärt, welches diese sind, und wie sie erfolgreich eingesetzt werden.

Immer wieder erhalten wir an der Finale-Hotline die Frage, warum ein bestimmtes Dokument nicht in dem Tempo wiedergegeben wird, das der Kunde angegeben hat. Das möchte ich zum Anlass nehmen, die verschiedenen Methoden einmal aufzulisten, die in einem Finale-Dokument auf das Tempo Einfluss nehmen. Denn das ist genau der entscheidende Punkt: es gibt mehrere Mechanismen, die sich auf das Wiedergabetempo eines Dokuments auswirken, und diese können gleichzeitig in einem Dokument vorkommen. Dabei haben die Mechanismen unterschiedliche Prioritäten, so dass es schnell zu einem unerwarteten Ergebnis kommen kann. Im einzelnen geht es um:

1. Die Wiedergabekontrolle

Die Wiedergabe-Kontrolle von Finale
Abb. 1: Die Wiedergabe-Kontrolle in Finale

In der Wiedergabekontrolle kann das Wiedergabetempo direkt als Metronomzahl angegeben werden. Diese Einstellung hat allerdings von allen Tempofunktionen in Finale die geringst Priorität. Sollte also eine der nachfolgend beschriebenen Funktionen in einem Dokument genutzt werden, hat eine Änderung der Einstellung in der Wiedergabe-Kontrolle keinerlei Auswirkung auf das tatsächlich hörbare Wiedergabetempo.

2. Vortragsbezeichnungen

Eine Vortragsbezeichnung mit Auswirkung auf das Wiedergabetempo.
Abb. 2: Eine Vortragsbezeichnung mit Auswirkung auf das Wiedergabetempo.

Jeder Vortragsbezeichnung in einem Finale-Dokument kann ein Wiedergabe-Effekt zugeordnet sein. Z. B. kann sich die Tempoangabe auf das Wiedergabetempo auswirken. Ein typisches Beispiel dafür ist die Metronomangabe, die im Dokument-Assistenten erzeugt werden kann. Aber auch anderen Tempoangaben wie Moderato oder Vivace ist typischerweise ein Wiedergabetempo zugewiesen. Sie können dieses Wiedergabetempo im Fenster „Design von Vortragsbezeichnungen“ auf der Registerkarte „Wiedergabe“ einsehen und modifizieren. Es ist wichtig zu wissen, dass eine solche Vortragsbezeichnung Vorrang vor der Angabe in der Wiedergabe-Kontrolle hat. Oder anders herum ausgedrückt: wenn Sie das Wiedergabetempo mit der Wiedergabe-Kontrolle schnell ändern können möchten, stellen Sie sicher, dass eine Tempoangabe in den Noten keinen Wiedergabe-Effekt hat („Modus: Keiner“).

Übrigens, im Werkzeug für Vortragsbezeichnungen können Sie im Kontextmenü der Tempoangabe das Fenster „Design von Vortragsbezeichnungen“ direkt mit dem Befehl Definition der Vortragsangabe bearbeiten aufrufen.

3. Unsichtbare Tempodaten

In einem Finale-Dokument können unsichtbare Tempoinformationen in einzelne Takte eingetragen werden. Zum Erstellen dieser Tempodaten verwendet man das Tempo-Werkzeug, das MIDI-Werkzeug im Modus „Tempo bearbeiten“ oder die TempoTap-Funktion. Eine häufige Quelle von unerwünschten Tempodaten dieser Art stellen MIDI-Dateien dar, denn Finale liest in der Voreinstellung aus einer MIDI-Datei solche Tempoinformationen und überträgt sie in das Dokument.

Diese unsichtbaren Tempodaten haben eine geringere Priorität als Vortragsbezeichnungen. Allerdings gilt das für jeden einzelnen Takt. D. h., auch wenn eine Metronomangabe ein anderes Tempo vorschreibt als die unsichtbaren Tempodaten festlegen, so gilt die Metronomangabe nur für den Takt, in dem sie eingetragen ist. Im nächsten Takt übernehmen dann die Tempodaten die Kontrolle über das Wiedergabetempo.

Gerade wenn Sie solche Tempodaten nicht gezielt mit Tempo- oder MIDI-Werkzeug gesetzt sondern unabsichtlich aus einer MIDI-Datei geladen haben, ist sicher die interessanteste Information, wie Sie diese wieder loswerden. Das geht ganz einfach:

  • Aktivieren Sie das Anwahl-Werkzeug, und markieren Sie alle Takte (Windows: Stgr+A; Macintosh: Befehltstaste+A).
  • Wählen Sie Bearbeiten > Ausgewählte Objekte löschen.
  • Klicken Sie nacheinander: Keine, Tempowechsel und OK.

4.  Wiedergabestilistik

Schließlich und endlich gibt es in Finale die Wiedergabestilistik, die als Interpret der von Ihnen geschriebenen Noten fungiert. Wie ein richtiger Musiker versucht diese, die geschriebenen Noten mit Leben zu füllen. Dazu gehören feine Nuancen von Tonlängen, Lautstärken und nicht zuletzt auch Änderungen im Wiedergabetempo. Die Wiedergabestilistik sorgt z. B. für ein leichtes Ritardando am Ende des Stückes, obwohl dies gar nicht explizit in den Noten steht. Wie beim menschlichen Interpreten hat man als Komponist oder Arrangeuer auch bei Finales Wiedergabestilistik nur einen begrenzten Einfluss auf deren Wirken. Unter MIDI/Audio > Wiedergabestilistik können Sie allerdings zwischen verschiedenen Stilistiken wählen und Sie sollten das auch nutzen, um eine Ihrer Musik angemessene Interpretation zu erhalten. Nicht zuletzt können Sie die Wiedergabestilistik auch einmal ausschalten („Keine“).

Foto Stefan Helke

Stefan Helke

Stefan Helke schloss sein Studium an der Hochschule der Künste in Berlin als Diplom-Tonmeister ab. Nach Tätigkeiten in einem Tonstudio und als Software-Entwickler ist er seit 1995 als Produktspezialist für die Notensatzprogramme „Finale“ bei Klemm Music Technology tätig.